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3. Die Entwicklungs- stufen - Allgemein

Von Geburt an entwickeln wir uns durch klar vorgegebene Stufen. Etliche Wissenschaftler - von Piaget (kognitive Entwicklung) über Kohlberg (moralische Entwicklung) zu Graves (Selbstentwicklung) - haben in den letzten Jahrzehnten in unterschiedlichen Bereichen die innere, psychische Entwicklung des Menschen erforscht.

Die Integrale Theorie hat es geschafft, all diese Forschungsergebnisse in ein grosses, zusammenhängendes Bild zu bringen (1. Teil der Landkarte: Entwicklungsstufen). Wir können darin erkennen, dass die Ergebnisse in den verschiedenen Forschungsgebieten alle den gleichen Gesetzmässigkeiten folgen. Es zeigt sich bei allen Menschen eine vergleichbare Art der Entwicklung, unabhängig davon, in welchem kulturellen oder sozialen Hintergrund jemand aufgewachsen ist. Konkret durchlaufen also alle Menschen die gleiche, lineare Abfolge von Entwicklungsschritten, wobei die einzelnen Schritte im Integralen Framework als “Stufen” bezeichnet werden (analog dem Bild einer Leiter, bei der nacheinander jede Stufe hochgestiegen wird).

Eine Entwicklungsstufe beschreibt die Weltsicht eines Menschen die sich auf dieser Stufe befindet. Sie gibt mir klare Anhaltspunkte wie das, was in jemandem passiert und was von aussen auf jemanden einwirkt, von der jeweiligen Stufe interpretiert wird.

Jede Stufe hat ihre ganz eigene “Interpretationsbrille”, also eine bestimmte Art, wie wir die Ereignisse und Gegebenheiten in der Welt interpretieren. Innerhalb derselben Stufe ist die Interpretation in der Regel kongruent, diese Menschen “verstehen sich” und reden “dieselbe Sprache”. Befinden sich Menschen jedoch in unterschiedlichen Stufen, leben sie buchstäblich in anderen Welten. Werden wir uns dieser Tatsache wirklich bewusst, erkennen wir, dass die Welt so, wie sie jemand wahrnimmt, für diese Person absolut wahr ist. Wir erkennen darin aber auch, dass diese Wahrheit eben nur partiell ist (True but partial). Eine andere Stufe interpretiert die Welt durch eine andere Brille. Sie hat ihre eigene und andere (!) Wahrheit, mit dem Geschehenen umzugehen.


Was bedeutet das für den Umgang mit den Schülern?

Wenn ich anerkenne, dass ich meine eigene Interpretation auf die Welt habe - eine Brille, durch welche ich das Geschehene interpretiere - anerkenne ich auch, dass meine Schüler ihre Brille haben, durch welche sie die Welt interpretieren. Diese zeigt, je jünger die Schüler sind, ein unschärferes, weniger differenziertes Bild der Welt.
Ich erkenne dadurch aber, dass Aussagen wie: “Das ist nicht wahr”, “Jetzt sei still oder tu mal nicht so” oder “Warum verstehst du das nicht” komplett am Schüler vorbei gehen und unter Umständen grosses, unnötiges Leid in ihnen erzeugen. Sie fühlen sich nicht verstanden und gesehen, wodurch ein grundsätzliches menschliches Bedürfnis frustriert wird.

Es ist unsere Aufgabe als erzieherisch tätige Personen zu wissen, durch welche Brille ich die Welt interpretiere, welche Wertvorstellungen, Bedürfnisse, Emotionen und kognitiven Fähigkeiten damit verbunden sind und welche Wertvorstellungen, Bedürfnisse und kognitiven Fähigkeiten meine Schüler haben. Sie müssen meine nicht verstehen - ich muss sie aber verstehen können!

Meine Wahrheit ist wahr, die der Schüler aber auch!

In der pädagogischen Ausbildung werden diese Aspekte kognitiv, also rein theoretisch behandelt. Jede Lehrperson musste die kognitive Entwicklung von Piaget oder die moralische Entwicklung von Kohlberg lernen.
Die beiden sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Wir bestehen ja nicht nur aus Kognition und Moral. Da ist eine Selbstidentität, da sind Emotionen, die Art wie ich Beziehungen lebe, welche Sicht ich auf meinen Körper habe und wie ich mit ihm umgehe, wie ich mit Angst umgehe und welche Art von Spiritualität ich lebe etc. pp.
Diese Einsichten können jedoch erst wirklich ankommen und in adäquate pädagogische Interventionen umgesetzt werden, wenn beides, die Wahrheit der Schüler wie auch meine eigene, wahrhaftig gesehen, aufgenommen und integriert wird. Ein Problem im heutigen Unterricht sehe ich darin, dass der Zusammenhang beider Perspektiven nicht berücksichtigt wird und entsprechend schädliche Gewichtungen dazu stattfinden.

Welche grossen Stufen die Integrale Theorie beschreibt und welche Wahrheiten damit verbunden sind, werde ich euch im nächsten Text erläutern.

Alles Liebe,
Nicole

Mehr dazu:

Kurzes Video über Entwicklung und deren Stufenförmigkeit (7 Minuten)


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