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Die 10 Gebote einer guten Lehrperson

1. Die Lehrperson ist sich ihrer zentralen Bedeutung für den Unterricht bewusst.
Lehrpersonen bilden den zentralen Bezugspunkt für die SchülerInnen und sind verantwortlich für die Gestaltung des Lernraumes. Gute Bildung ist dementsprechend nur möglich, wenn die Lehrpersonen in Kontakt mit dieser Verantwortung bleiben, wenn sie sich ihrer eigenen Bedeutung bewusst bleiben. Dieses Verantwortungsgefühl muss die Quelle sein, die all ihre Entscheidungen und Handlungen speist. Nur dadurch wird sie die beste Lehrperson werden, die sie sein kann.

2. Die Lehrperson nimmt sich selbst als lernenden und wachsenden Menschen wahr.
Entwicklung bzw. Wachstum ist ein fundamentaler Aspekt des Menschen. Entgegen der gängigen Auffassung ist dieses jedoch nicht nur auf den Körper beschränkt bzw. mit dem Erreichen des Erwachsenenalters abgeschlossen. Die Entwicklungspsychologie zeigt klar, dass dem Bewusstsein des Menschen noch weitere Schritte zugänglich sind, die umfassendere Perspektiven, erweiterte Wahrnehmung und höhere Werte mit sich bringen. Gute Lehrpersonen sind sich dieses Umstandes bewusst und übernehmen Verantwortung für ihren persönliche Anteil daran. Sie praktizieren Entwicklungshilfe (Grow Up, Clean Up und Wake Up) an sich selbst, um so auch ihren SchülerInnen bestmöglich helfen zu können (vgl. Punkte 4 und 8).


3. Die Lehrperson möchte andere Menschen aus Fülle fördern.
Gute Lehrpersonen sind dazu berufen, Kindern und Jugendlichen bei ihrer Entwicklung zu helfen: ihre Arbeit ist ihre Bestimmung. Der Antrieb, dies zu tun, geschieht nicht daraus, Mangelbedürfnisse stillen zu wollen (Anerkennung, Sicherheit, Kontakt, Zugehörigkeit), sondern weil diese Tätigkeit aus einem Seinsbedürfnis gespiesen wird. Diese Lehrpersonen haben einen genuinen, inhärenten Drang, die Entwicklung von jungen Menschen nach bestem Können zu unterstützen.


4. Die Lehrperson hat eine klare Vorstellung (Vision) davon, was gute Bildung ausmacht.
Bei allem was wir tun, muss uns bewusst sein, warum wir dies machen. Ansonsten fehlt unseren Aktionen der Bezug zum grösseren Ganzen, einem höherwertigen Kontext. Gute Lehrpersonen sind jederzeit in Kontakt mit diesem Bild und können die momentane Situation damit abgleichen, woraus sich direkt konkrete Handlungsanweisungen ergeben. Das Ausbilden dieser Vision ist ein Prozess, er entsteht erst in der Auseinandersetzung mit den persönlichen Werten und Haltungen, vor allem bezüglich der Fragen, was das Wesen des Menschen umfasst und wie er ein gutes Leben führen kann (vgl. Punkte 1 und 4).


5. Die Lehrperson kann den gesamten Menschen sehen.
Unser Menschenbild ist entscheidend dafür, wie wir uns selbst und die anderen wahrnehmen. Nur was ich in mir selbst erkennen oder spüren kann, gelingt mir auch bei meinem Gegenüber - ansonsten bin ich sprichwörtlich blind bezüglich gewissen Aspekten meiner Mitmenschen. Damit eine Lehrperson adäquat auf die ihr anvertrauten SchülerInnen eingehen kann, muss sie in der Lage sein, alle Aspekte des menschlichen Seins wahrzunehmen, vor allem die Inneren wie Zustand, Emotionen, Einstellungen und Werte. Dies im Gegensatz zur traditionellen Auffassung, in der die Unterstützung hauptsächlich auf die kognitive Ebene ausgerichtet ist.


6. Die Lehrperson will den gesamten Menschen fördern.
Gute Lehrpersonen haben das Wohl des gesamten Menschen zum Ziel, nicht nur Exzellenz in einem bestimmten Fach. Sie sind also nicht mehr mit ihrem Fach identifiziert, gleichwohl sie darin kompetent sind und es lehren können. Der Schwerpunkt in der Unterstützung hat sich jedoch auf die Gesamtentwicklung verlagert, insbesondere den SchülerInnen den Kontakt zu den eigenen Bedürfnissen, Werten und Impulsen zu ermöglichen. Grundlage für diese Verschiebung ist eine holistische Vorstellung von guter Bildung, worin sich das Selbstbild der Lehrerrolle von der rein fachlichen Bildung ablöst und hin zur Entwicklungshilfe (Grow Up) bewegt (vgl. Punkte 1, 3 und 4).


7. Die Lehrperson strebt nach authentischen Beziehungen.
Authentische Beziehungen sind der gelebte soziale Ausdruck eines holistischen Menschenbilds. Erst nachdem alle menschlichen Eigenschaften in ihrer Existenz akzeptiert werden, können wir anfangen, wahrhafte Beziehungen zu führen, worin wir uns gesamthaft zeigen und keine sozialen Masken mehr aufsetzen. Dadurch lösen sich auch klassische Trennungen wie unterschiedliches Verhalten gegenüber Schülern, Mitarbeitern und Freunden. Gleichzeitig findet im authentischen Kontakt maximaler Fluss von Inhalt und Emotion statt, was nicht nur die angenehmste Art von Umgang ist, sondern auch Entwicklung am meisten befruchtet.


8. Die Lehrperson reagiert immer auf das Hier und Jetzt.
Gute Lehrpersonen haben zwar einen Plan, sind aber jederzeit bereit, diesen über Bord zu werfen, wenn die Situation es verlangt. Was unmittelbar bei einem Menschen vor sich geht, ist immer wichtiger als alle angedachten Ziele, da unterschwellige Konflikte diese immer sabotieren werden. Eine der wichtigsten Aufgaben von Lehrpersonen ist es deshalb, das Hier und Jetzt ständig darauf zu prüfen, ob es so noch stimmt oder Änderungen nötig sind. Das muss für sie selbst möglich sein, damit sie es auch für andere tun kann.


9. Die Lehrperson sieht den aktuellen Entwicklungsstand eines Menschen.
Eine adäquate Leitung und Unterstützung der SchülerInnen ist immer deren Entwicklungsstand angepasst. Dies bedingt eine klare Vorstellung vom natürlichen Verlauf der menschlichen Entwicklung sowie den Bedingungen, welche diese möglich machen. Gute Lehrpersonen können demnach sehen, wo sich die SchülerInnen befinden und mit angebrachten Massnahmen fordern und fördern (vgl. Punkte 1, 4 und 5).


10. Die Lehrperson übernimmt Verantwortung für die Schule als Organisation.
Die Verantwortung der Lehrpersonen sollte nicht nur auf das Begleiten der SchülerInnen beschränkt sein, sondern die gesamte Schule umfassen. Die Qualität der Beziehungen innerhalb des Lehrkörpers gehört genauso zu ihrer Aufgabe wie die Weiterentwicklung von Lernstrukturen. Demnach übernehmen gute Lehrpersonen von sich aus tragende Rollen innerhalb der Schule, in welchen sie ihre Vorstellung von guter Bildung (vgl. Punkt 3) umsetzen. So wird die Organisation einer Schule von den Menschen gestaltet, aus welchen diese auch besteht.


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